Vor 50 Jahren: Ministerpräsident Kiesinger in Gaggenau

Ministerpräsident Kurt Georg Kiesinger bei der Rede zur Einweihung der Berliner Brücke. Die Schulbuben von damals sind heute vermutlich gerade im Rentenalter

Ministerpräsident Kurt Georg Kiesinger bei der Rede zur Einweihung der Berliner Brücke. Die Schulbuben von damals sind heute vermutlich gerade im Rentenalter

Das Badische Tagblatt schrieb am 9. Dezember 2013:
Vor genau 50 Jahren: Einweihung der Berliner Brücke
„Des denkt mir au noch!“, werden viele Gaggenauerinnen und Gaggenauer sagen: Heute vor genau 50 Jahren, es war ebenfalls ein Montag, war der damalige Ministerpräsident von Baden-Württemberg und spätere Bundeskanzler Dr. Kurt Georg Kiesinger (CDU) in der Benzstadt zu Gast.
Offizieller Anlasse für seinen Besuch am 9. Dezember 1963 war die Einweihung der gerade fertig gestellten Berliner Brücke. Der Landtagswahlkampf des Folgejahres mag wohl beim Staatsbesuch auch eine Rolle gespielt haben.
Begleitet wurde Kiesinger damals von Regierungspräsident Anton Dichtel (CDU), und beide trugen sich bei Bürgermeister Josef Hollerbach im fünf Jahre zuvor neu eingeweihten Rathaus in das Goldene Buch der Stadt ein. Fast ganz Gaggenau war auf den Beinen, wie die Bilder belegen, die der Optiker-Meister und Fotograf Simon Sinzinger damals machte.

Kiesinger mit der Schere in der Hand, um das Einweihungsband zu durchschneiden

Kiesinger mit der Schere in der Hand, um das Einweihungsband zu durchschneiden

„Ich taufe diese Brücke auf den Namen Berliner Brücke in der Hoffnung, dass die Stadt Berlin bald wieder die Hauptstadt eines wiedervereinigten deutschen Vaterlandes sein wird.“ Mit diesen Worten enthüllte Kiesinger den Stein mit dem eingemeißelten Berliner Bären an der Auffahrt der neuen Berliner Brücke, der auch heute noch über das dortige Treiben wacht.

 

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Historisches
Er sollte auch ein Gedenkstein sein für die Opfer, die der Bau der Berliner Mauer forderte. Der Bau des neuen Murgübergangs hatte bereits im Oktober 1962 begonnen. Er sollte parallel zur Schillerbrücke eine direkte Zufahrt zwischen Stadt und Umgehungsstraße herstellen. Nach gut einem Jahr konnte die Brücke dann feierlich dem Verkehr übergeben werden. Damit sei der Abschluss eines großen Projekts erreicht, das planerisch in seinen Grundzügen bereits vor dem Ersten Weltkrieg erarbeitet worden sei, wie Bürgermeister Hollerbach erklärte.
Als zweiter befahrbarer Murgübergang hat die Brücke eine Länge von 85 Metern und eine Fahrbahnbreite von 7,50 Metern. Auf beiden Seiten sind Gehwege von 2,50 Meter und 1,75 Meter Breite angebracht. Insgesamt kostete der Bau der Brücke 1,2 Millionen Mark, die Stadt übernahm davon 300000 Mark. Zusätzlich finanzierte die Stadt die Beleuchtungsanlagen der Brücke für 28700 Mark.
Der Name für die neue Brücke war in einer Versammlung von Flüchtlingen aus der damaligen DDR angeregt und am 11. Januar 1963 vom Gemeinderat einstimmig angenommen worden. Kiesinger unterstrich bei seiner Ansprache zur Einweihung der Brücke, dass Berlin zu einem Symbol der Freiheit überhaupt geworden sei, mit dem sich Gaggenau durch diesen Tag besonders verbunden fühle. Bürgermeister Josef Hollerbach erklärte ebenfalls, die neue Brücke sei nicht nur eine lebendige Verbindung zwischen den Einheimischen und den Heimatvertriebenen, sondern stehe gleichermaßen als Symbol für die Beziehung zwischen Gaggenau und Berlin.

Bürgermeister Josef Hollerbach begutachtet die Unterschriften von Kiesinger und Regierungspräsident Anton Dichtel im "Goldenen Buch" (von rechts)

Bürgermeister Josef Hollerbach begutachtet die Unterschriften von Kiesinger und Regierungspräsident Anton Dichtel im „Goldenen Buch“ (von rechts)

Nach der Einweihung traf sich Bürgermeister Hollerbach noch mit zahlreichen Ehrengästen im Hotel, um dort die Festlichkeiten fortzusetzen. Kiesinger nutzte seinen Besuch außerdem, um vor der gesamten Belegschaft des Daimler-Benz-Werks eine Ansprache zu halten. Diese gipfelte in der Aufforderung an die Arbeitnehmer, die Anstrengungen um die Gestaltung des zukünftigen Lebens nicht den politischen Konstrukteuren allein zu überlassen, wie das BT damals berichtete. „Unsere Arbeiter müssen wissen, dass sie ihr Schicksal mitbestimmen. Sie sind durch die Geschichte mündig geworden. Sie müssen ein Gewissen für das Ganze haben, was der höchste Ausdruck für den Inhalt einer Demokratie ist“, rief der damalige Ministerpräsident unter dem Beifall der Arbeiter aus.

Zum Thema
Gesucht: Bilder von früher
Auf die Fotos von der Einweihung der Berliner Brücke ist BT-Mitarbeiter Michael Wessel kürzlich auf seiner weiteren „Schatzsuche“ in privaten Fotoalben nach Bildern aus dem Leben von Gaggenau gestoßen. Das erste Ergebnis seiner erfolgreichen Suche hat er 2012 als Buch mit dem Titel „Des denkt mir au noch!“ veröffentlicht. Die positive Resonanz auf diesen Bildband hat ihn ermuntert, jetzt die Suche für einen zweiten Band fortzusetzen. Hinweise erbittet er unter wessel-gaggenau(at)t-online.de oder (07225) 4347.

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